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Westerwälder Zeitung, Nov. 2009
Den Kriegsopfern ein Gesicht gegeben
Willi Bode stellt in Niederelbert Buch vor, dass die Geschichte und die Menschen seines Heimatortes in der NS-Zeit beschreibt
Es ist ein bemerkenswerter Ansatz, die NS-Zeit im Spiegel einer Dorfgeschichte aufzuarbeiten. Willi Bode hat diesen Versuch gewagt. Das beeindruckende Ergebnis seiner Arbeit liegt nun vor.


NIEDERELBERT. Willi Bode, ehemaliger Ortsbürgermeis-ter von Niederelbert, hat für seine Heimatgemeinde ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte aufgeschrieben und den mit Niederelbert verbundenen Opfern der „deutschen Katastrophe" ein Gesicht gegeben. Das Buch „Niederelbert im Dritten Reich" liegt jetzt vor und soll am Samstag, 12. Dezember, 15 Uhr, in der Eberthalle in Niederelbert vorgestellt werden. Auf 560 Seiten befasst sich Bode darin detailliert mit den Ereignissen in der Zeit von etwa 1930 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945 und und widmet jedem der 91 Kriegsopfer
eine kleine Biografie.
Das Dorf im NS-Staat - natürlich ist das ein äußerst schwieriges und sensibles Thema, weiß auch der Autor selbst. Es dürfe aber nicht unerwähnt bleiben, welcher Mittel und Methoden sich die Nationalsozialisten bedienten, um ihre Ziele zu erreichen, und wie auch die Menschen in Niederelbert mit dem Räderwerk des Nationalsozialismus verzahnt gewesen sind. Bode: „Deshalb dürfen wir beim Erinnern und Gedenken an unsere Kriegsopfer Adolf Hitler und die NS-Zeit nicht ausblenden und auch das wohl schwierigste Kapitel unserer Ortsgeschichte nicht als Tabuthema übergehen und als Schattenseite unserer Vergangenheit einfach ignorieren."
Ausgangspunkt der Recherchen zu diesem in einer Auflage von 500 Stück gedruckten Buch war der Volkstrauertag im Jahr 2005. Orts-
bürgermeister Willi Müller mahnte seinerzeit in seiner Gedenkrede, „die Toten nicht zu vergessen und ihre Namen zu bewahren". Willi Bode hat diese Forderung in beeindruckender Weise in die Tat umgesetzt. Bereits vor zwei Jahren war das Ergebnis seiner Nachforschungen in einer mehrtägigen Ausstellung zu sehen. Jetzt hat der 72-Jährige die Lebensdaten von 91 Menschen, die der Wahnsinn des Zweiten Weltkrieges das Leben gekostet hat, in seinem Buch festgehalten.
Ganz bewusst sollen sie laut Bode unter der Überschrift „Tote sterben zum zweiten Mal - wenn sie vergessen werden" im Zentrum des Rückblicks stehen „und uns bewusst machen, wie wertvoll es ist, sich für ein friedliches und gerechtes Zusammenleben der Menschen einzusetzen". Ein bewegendes Beispiel für die Schicksale einer verlorenen Genera-
tion ist Herbert Kilian, der am 25. Juli 1944 in der Ukraine durch einen Brustschuss getötet wurde. In der Brusttasche des 20-Jährigen fand sich ein erst wenige Tage zuvor verfasster Brief seiner Mutter -mit dem tödlichen Durchschuss.
Ein wichtiges Kapitel, das Willi Bode ebenfalls nicht ausgespart hat, ist die Erinnerung an die polnischen Zwangsarbeiter und französischen Kriegsgefangenen, die es im Dorf ebenfalls gegeben hat. Interessant ist auch der Blick in den „Westerwälder Heimatgruß", ein für Soldaten bestimmtes Mitteilungsblatt, das zum einen „Brücke zwischen Front und Heimat" sein sollte, andererseits aber auch den Soldaten als Forum diente, den Kontakt untereinander, aber auch mit den Menschen zu Hause aufrechtzuerhalten. Die Originale werden in der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig
verwahrt, in Bodes Buch werden Auszüge daraus erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Möglich wurde das Buchprojekt nur mit der ideellen und finanziellen Unterstützung der Ortsgemeinde, die 18 000 Euro in diese Form der Aufarbeitung der Niederel-berter Ortsgeschichte investierte; „es ist ganz, ganz toll, wie sich die Gemeinderatsmitglieder in dieser Sache verhalten haben", findet Willi Bode. Sein Dank gilt auch Claus Peter Beuttenmüller (Gackenbach) für die militärhistorische Beratung und Kat-ja Max-Floreth fürs Layout und die Umschlaggestaltung.
Die Buchvorstellung am Samstag wird musikalisch umrahmt von Schülern des Landesmusikgymnasiums. Im Anschluss an das offizielle Programm kann der Nieder-elberter Geschichtsband zum Preis von 33,50 Euro erworben werden, (jgm)

Zum Bild: Eines von 91 Kriegsopfern aus Niederelbert: Theodor Berg erlag am 26. März 1945 in einem amerikanischen Lazarett den Schussverletzungen, die er bei Kämpfen in Frankreich erlitten hatte. Er wurde nur 20 Jahre alt. das Foto entstand im Jahr 1942 während eines Einsatzes des Westerwälders an der Ostfront.